DHDL Folge 2
Veröffentlicht am 14. September 2017
Da ging es zu wie auf dem Basar. Fünf Gründer kamen in die Höhle der Löwen, vier gingen mit einem Deal wieder raus. Und lediglich zwei Mal hieß der Investor Ralf Dümmel. Zwei Apps, Pflegeprodukte, ein Gadget und ein… naja, „skurriles“ Erfrischungsgetränk, da war für jeden Zuschauer und jeden Investor was dabei. Vielleicht hagelte es auch deshalb Deals. Insgesamt ging es, anders als in der Auftaktfolge, wieder mehr um Produkte und Unternehmen. Die Höhle der Löwen ist endgültig wieder zurück. Ganz auf den Showcharakter verzichten wollte Vox dann aber doch nicht.
„Sie pinkeln unter der Dusche?“ – Teamwallet
Start-Up Nummer 1 heißt Teamwallet und präsentiert die gleichnamige App, die die Mannschaftskasse revolutionieren soll. Vier Fußballfreunde aus Schwaben, alle um die 30, sind auf die nicht mehr ganz so neue Idee einer solchen App gekommen. Mit den Löwen wollen sie nun „von der Bezirksliga in die Champions League“. Als erstes wird dem Zuschauer vor dem Bildschirm das Prinzip Mannschaftskasse erklärt, anschließend folgt derselbe Vortrag nochmal für die Löwen in der Höhle. Die fünf Minuten hätte man bestimmt auch irgendwie zusammenfassen können. Die schwäbelnden Gründer erläutern, um die Disziplin zu fördern bezahle man Strafen, etwa fürs zu spät kommen, Sachen vergessen oder fürs pinkeln in der Dusche. Warte, was war das? Judith Williams hakt sofort nach, „sie pinkeln also in der Dusche?“, die Frage wird aber gekonnt ignoriert.
Voller Enthusiasmus wiederholen die Schwaben ihre beiden Argumente: „Teamwallet revolutioniert die Mannschaftskasse“ und „das Mannschaftsleben wird durch Teamwallet einfacher“. Wieder und wieder. Seit dem Launch im letzten Jahr konnten die vier Gründer 10.000 Euro Umsatz erzielen und verlangen nun für 10% am Unternehmen 75.000 Euro. Eigentlich finden die Löwen die App der Schwaben super, allerdings hat jeder einen anderen Grund warum er oder sie gerade leider nicht investieren kann. Carsten Maschmeyer ist die Nische zu klein, Ralf Dümmel sieht zum ersten Mal in der Staffel keinen Weg wie er helfen kann, Frank Thelen denkt die Gründer haben keine Ahnung von App-Design und Judith Williams würde viel lieber die sportlichen Körper der Bezirksligakicker pflegen. Dagmar Wöhrl, die ja für ein Familienunternehmen steht (wussten Sie das schon?) sagt: „Fußball ist ja mein Leben. Und das meiner Familie natürlich“. Know-how hat sie aber nicht und investieren will sie daher auch nicht.
Tja, alle raus. Für die Schwaben ist der Pitch aber damit noch nicht vorbei. Hobbyfußballer Michael geht zum Angriff über. Er schwärmt den Löwen in unnachahmlicher Manier vor, wie toll sie ja sind, Frank Thelen sei schließlich „ihr“ Löwe und es sei ja sein „gröschder Draum“, dass er sich vielleicht nochmal umentscheiden könnte. Während der TV-Zuschauer denkt, dass sich die sonst so standhaften Löwen vom „Bitte bitte bitte, ich will aber“ niemals beeindrucken lassen, zückt Frank Thelen, mit reichlich Honig am Mund, tatsächlich sein Scheckbuch. Wer hätte gedacht, dass das so einfach ist.
Thelens Deal: 75.000 Euro nicht für 10, sondern für 30 Prozent. Für die Einarbeitung. Dazu gibt es das ganze Netzwerk von Banken und einem Freund mit einer anderen Fußball-App. Hat er nicht eben noch gesagt er könne nicht helfen? Die Bezirksligamannschaft verlässt die Höhle mit Thelens Deal und Gründer Nicolo zelebriert das prompt mit dem Torjubel eines gewissen Cristiano Ronaldo. Champions League halt.
Nachtrag: Nach der Ausstrahlung platzte der Deal zwischen Thelen und Teamwallet. Der Grund: die vier Gründer fanden einen anderen Investor, der mit 150.000 Euro die doppelte Summe bot – für lediglich 5% der Anteile. Die Unternehmensbewertung von von 250.000 Euro auf 3 Millionen Euro gesteigert und dazu einen leicht besseren Deal erhascht als den, den Frank Thelen den Schwaben unterjubeln wollte. Der eigentliche Aufstieg kam für Teamwallet erst nach der Höhle der Löwen.
Von „Rockern und Gefängnisleuten“ – TattooMed
Bevor die TattooMed Gründer die Höhle der Löwen betreten, kommt unter den Investoren die Frage auf, wer denn eigentlich ein Tattoo hat. Breites Schweigen. Hätte Vox die Show mit tatsächlich guten Effekten unterlegen wollen, wäre Grillenzirpen und eventuell ein kleiner Windzug angemessen gewesen. TattooMed an sich kann man schnell zusammenfassen: Pflegeprodukte für tätowierte Haut, 13 Produkte in 130 Konstellationen, 2015 bereits über 1 Million Euro Umsatz. Klingt doch eigentlich alles sehr gut, wäre da nicht das zwielichtige Thema Tattoo.
Dagmar Wöhrl, die übrigens für ein Familienunternehmen steht, muss sich selbst erst einreden, dass man Tattoos heute nicht mehr nur bei „Rockern und Gefängnisleuten“ findet. Trotzdem: sie kann sich nicht mit dem Produkt identifizieren, also „kein Business Case“. An und für sich können die Gründer Jenny Fischer (36) und Janusz Hermann (37) mit ihren Produkten und ihrer Präsentation überzeugen. Die Löwen scheinen Sinn, Nutzen und Markt hinter dem Start-Up zu verstehen. Dann kommt, warum auch immer, die Frage auf, wie denn die Anteile am Unternehmen verteilt sind. Janusz Hermann hält mit 51% die Mehrheit, ein dritter nicht anwesender Investor besitzt über 40% und die fast vollständig tätowierte Gründerin Jenny Fischer, die die Idee zur Gründung hatte, hält lediglich 5% der Anteile. Ein Eklat.
Die Unternehmensanteile bemessen sich an den investierten Summen der Personen. Das ist eine Herangehensweise, aber zugegeben, wirklich fair ist das angesichts Aufwand und Identifikation nicht. Das kann man anmerken, eine Anteilsverschiebung vorschlagen und weiter über das Geschäft reden. Die Löwen konnten das nicht. Frank Thelen schließt bei „solchen Gründern“ eine Zusammenarbeit kategorisch aus, Williams geht zu den Feministinnen über und stellt die steile These auf, so etwas würde zu 99% nur den Frauen passieren. Das Ende vom Lied: der Pitch ist für TattooMed gelaufen, alle Löwen sind raus. Ich wage zu behaupten, am Produkt hat’s nicht gelegen.
Ein Sack voll Luft – Fluxbag
Jetzt wird gefluxt. Ge-was? Gefluxt. Von Fluxbag. Kreativ. Erfunden wurde das Produkt wie auch Verb von Jens Thiel (47) und Lucas Richter (33) aus Leipzig. Der Fluxbag ist ein Sack, in den man, mit Hilfe des physikalischen Bernouilli-Effektes, relativ einfach Luft reinpusten kann und diese dann zum Aufblasen von Strand- oder Campingequipment verwenden kann. Aus 3 Liter Lungenvolumen entstehen so 150 Liter Luft zum aufpumpen. Die Demonstration erfolgt dann im Wettkampf: Gründer Lucas am Fluxbag, Carsten Maschmeyer mit seiner „Zehnkämpferfigur“ mit der Lunge und Dagmar Wöhrl, ohne Schuhe, am Blasebalg. Alle müssen so schnell wie möglich eine Luftmatratze aufblasen. Verrückterweise ist Lucas mit seinem Fluxbag bereits nach einer Minute fertig. Wer hätte das kommen sehen?
Das Produkt scheint also gut, deshalb geht es an die Zahlen. 2016 hatten die ehemaligen WG-Bewohner die Idee zum Produkt, es folgte eine Produktionsrunde und der Versand von 1500 Fluxbags in 50 Länder. Ein Patent gibt es nicht und wird es auch nicht geben, für eine zweite Produktionsrunde benötigen die Gründer nun 130.000 Euro für 10% am Start-Up. Wie so häufig finden die Löwen die Bewertung viel zu hoch. Ralf Dümmel findet das Produkt „geil“ und will von den Gründern ein neues, realistisches Angebot. Zum überarbeiteten Angebot würde er dann nur noch Ja oder Nein sagen. Soweit der Plan. Als Jens und Lucas dann mit einer halbierten Firmenbewertung und 130.000 Euro für 20% kommen, sagt Dümmel natürlich doch noch mehr. Selbes Geld, aber 25%, nicht 20. Wollte er nicht eigentlich nur Ja oder Nein sagen? Die Leipziger nehmen den Deal an, obwohl Ralf Dümmel die Firmenbewertung mehr als halbiert hat. Groß wird der Fluxbag wohl trotzdem werden – und Dümmel bekommt mehr ab vom Kuchen.
Für eine weitere „Story“ um die Fluxbag Jungs darf man VOX allerdings ein Kompliment aussprechen. Bei der Frage nach dem Hintergrund der beiden Gründer kam raus, dass Jens Thiel nach Studium und ersten Jobs eine längere Drogenvergangenheit hatte, sich allerdings selbst wieder aus dem „Loch“, wie er sagt, rausgezogen hat. Statt dass man darauf herumreitet, es mit dramatischer Musik untermalt und so bewegende Szenen schaffen will, belassen es die Regisseure bei dem was es ist, eine Geschichte der Vergangenheit. Chapeau. Lediglich die Löwen betonen mehrmals wie toll es ist, dass Jens den Turnaround geschafft hat und wieviel Respekt das verdient.
„Wir konnten ja nicht ahnen, dass ihr so gierig seid“ – MySchleppApp
Ähnlich wie bei TattooMed kommt vor dem Pitch unter Löwen eine Frage auf. Wer wurde denn schonmal abgeschleppt? Diesmal gibt es aber keine Stille, Dagmar Wöhrl bejaht das, Judith Williams fängt – warum auch immer – sogar an zu singen. „Wir werten das mal als Ja“, stellt die Stimme aus dem Off sehr richtig fest. Dann kommen auch schon die beiden Gründer herein, Frank (44) in orangenem Overall, Santosh (31) im weißen Business-Hemd.
„Wie haben Sie sich denn kennengelernt?“, lautet die Frage der Löwen. Die Antwort: Santosh musste abgeschleppt werden und nach dem er vom Automobilclub stehen gelassen wurde, kam Frank mit seinem Schlepper. Wow. Was für eine Story. Die Löwen sind baff. Aus der Wut über Automobilclubs gründeten die beiden ihre App, die liegengebliebene Fahrer mit einem Abschleppdienst in der Umgebung zusammenbringen soll. Um ihre App bekannter zu machen und eventuell ins Ausland zu expandieren, benötigen die Gründer 100.000 Euro und bieten 10% an ihrem Unternehmen.
Zunächst zweifeln die Investoren am Markt, denn der sei nicht nur recht klein, sondern werde auch vom ADAC und anderen Clubs dominiert. Einen „klein-mach-Versuch“ nach dem anderen parieren Frank und Santosh mit Bravour, sodass die Löwen irgendwann einfach keine Wahl mehr haben, als die MySchleppApp toll zu finden. Die Zahlen mit denen die Gründer so überzeugen konnten: in nur einem Jahr entstand ein Partnernetzwerk mit 400 der insgesamt 1500 Abschleppdienste in Deutschland, seit dem 01.10.2016 ist die MySchleppApp vollständig aktiv und vermittelte seitdem 1200 Aufträge. Auch die Rechnung, wieviel billiger man gegenüber dem Automobilclub sei, überzeugt. Dazu liegt die durchschnittliche Wartezeit bei etwa einer halben Stunde, davon sind dann auch die Frauen der Runde angetan.
Judith Williams gesteht, sie wurde schon öfter abgeschleppt, weil sie vergessen hat zu tanken. Da steigt Carsten Maschmeyer direkt ein, denn auch seiner Frau sei das schon öfter passiert. Jetzt könnte man auf Judith Williams eigenen Zug aufspringen, das würde zu 99% nur Frauen passieren, aber nein, das wäre schließlich falsch. So oder so: die Investoren sind begeistert, nicht zuletzt wegen der authentischen und vor allem kompetenten Präsentation der beiden Gründer.
Frank Thelen unterbreitet das erste Angebot: 100.000 Euro, allerdings für 25%. Ohne eine Nachverhandlung wäre es auch langweilig. Carsten Maschmeyer ist auch dabei, verpackt in einer glorifizierenden Rede über den großartigen Nutzen der App und die tolle Story um die Gründer, bietet er für ebenfalls 25% ganze 125.000 Euro an. Er ist eben ein Fuchs, dieser Maschmeyer. Frank Thelen lässt sich nicht lumpen und zieht mit, 125.000 Euro für 25%. Warum denn nicht gleich so?
Ist das ein Novum in der Höhle der Löwen? Die Investoren buhlen um die Gründer und bieten um die Wette – eigentlich ein ganz unterhaltsames Szenario. Gründer Frank Heck fragt daraufhin, ob ein Zusammenschluss der beiden Löwen möglich ist. Eine clevere Frage, der Abschlepper hat es echt verstanden! Was nicht so clever war, ist das Angebot der beiden Löwen: 150.000 Euro für 40%. Moment. 125.000 für 20% oder 150.000 für 40%? Da muss man schon ganz schön schlecht in Mathe gewesen sein, um so ein Angebot anzunehmen. Abgesehen davon, dass die Unternehmensbewertung von 625.000 Euro auf 375.000 Euro sinken würde. Frank Heck fasst seine Reaktion auf das Angebot prägnant zusammen: „Wir konnten ja nicht ahnen, dass ihr so gierig seid“. Recht hat er.
Da Heck das Prinzip, wie schon erwähnt, verstanden hat, geht das Duo auf das Angebot eines einzelnen Löwen ein: Carsten Maschmeyer erhält den Zuschlag. Das dürfte Frank Thelen, nachdem er sein Angebot nur aufgrund des Mitbieters erhöht hat, kaum wundern. Nun wird die App weiter ausgebaut und verbreitet, sodass Judith Williams und Maschmeyers Frau Veronica Ferres dann beim nächsten Mal noch eine andere Möglichkeit haben um app-geschleppt zu werden.
„Vegetarisch, vegan und low-carb“ – HELGA
„Was ist das denn?“ wird sich der ein oder andere gedacht haben, als die drei Österreicherinnen Annelise (40), Renate (34) und Ute (43) mit ihrem grünen Produkt vorgestellt wurden. Chemikerin Annelise forschte an einem Weg um aus Algen Bio-Diesel zu machen, heraus kam das Erfrischungsgetränk HELGA – auf Algenbasis. Hmm, lecker.
Lecker dürften sich vor allem die Vegetarier und Veganer denken, auf dessen Zielgruppe der Öko-Drink dem Anschein nach abzielt. Verwunderlich ist nur, dass die drei Gründerinnen gar nicht nach Öko aussehen. In die Höhle der Löwen kommen die Damen aus Niederösterreich um HELGA mit einem 375.000 Euro Investment für 15% auch auf dem deutschen Markt anzubieten.
Wie immer bei Lebensmittelprodukten in der Höhle, kommt es schnell zur Kostprobe. Hätte man kein Fernsehbild, könnte man aufgrund des Akzentes vermuten, die Gründerinnen würden zur Sacher Torte einen Wiener Melange reichen. Der grüne Drink auf Algenbasis ist da aber wohl eher das Gegenteil. Gesund soll er sein, „vegetarisch, vegan und low-carb“, zählt die Gründerin auf. 30 Kalorien enthält eine Portion und deckt gleichzeitig 25% des Tagesbedarfes an Vitamin B12. Besonders wichtig für Menschen, die kein oder wenig Fleisch essen. Bei 3 Euro für die 0,25l Flasche muss man da aber schon überzeugt sein.
Dagmar Wöhrl merkt direkt an: „Es schmeckt sehr gesund“. Das ist die Deutsch-Wöhrl, Wöhrl-Deutsch Übersetzung für „Es schmeckt nicht“. Frank Thelens Fazit ist: „Es schmeckt frisch und gesund“. Übersetzung? Siehe oben. Immerhin Carsten Maschmeyer ist ehrlich, er hat per se keine Lust auf Algen. Über die regt er sich nämlich am Strand immer auf, wenn er sie im Meer am Bein hat. Nur Judith Williams findet HELGA lecker, wie schon angesprochen „vegetarisch, vegan und low-carb“. Investieren möchte sie aber trotzdem nicht, die Firmenbewertung ist ihr zu hoch. Nachverhandeln kann man in der Höhle der Löwen ja nicht. Da bleibt dann halt nur noch einer: Investmentpflasterer Ralf Dümmel.
Die schöne Geschichte dahinter: Bereits Ralfs Mutter schwor auf die Kraft von Algen – da hat er keine andere Wahl als zu investieren. Der andere Grund: wie so häufig sieht er riesiges Potenzial und eine weitere Möglichkeit, sein Geld unter die Leute zu bringen. Hat er natürlich so nicht gesagt. Trotzdem gibt’s für die österreichischen Öko-Gründerinnen den Deal: 375.000 Euro für 23% und die bevorstehende Algeninvasion in Deutschland. Ralf Dümmel pflastert wieder.
Insgesamt war es eine erfolgreiche zweite Folge der „Höhle der Löwen“. 4 Deals aus 5 vorgestellten Start-Ups ist eine starke Quote und nicht nur diese ging hoch, sondern auch die Quote der Sendezeit, in der sinnvoll über das Geschäft gesprochen wurde. Weniger Show, mehr Tacheles – das wünscht sich die Fanbase der Gründershow. Was sich eigentlich kein Fernsehzuschauer wünscht, sind die zahlreichen Werbespots, mit denen #dhdl fast schon so zugepflastert ist, wie Deutschland mit Ralf Dümmels Produkten. Mit drei Deals aus zwei Folgen ist Dümmel wieder der Chef-Investor unter den Löwen. Ob er auch in der nächsten Woche wieder zuschlägt, wird die dritte Folge am nächsten Dienstag zeigen.
Bildquellen: © MG RTL D / Frank W. Hempel
© MG RTL D / Bernd-Michael Maurer